Live-Shopping macht aus der Transaktion eine Interaktion
Die Pandemie führte zu einem noch nie dagewesenen Anstieg der Online-Verkäufe auf der ganzen Welt. Obwohl ein Teil der Verschiebung der Verbraucherausgaben in Richtung Online nur von kurzer Dauer sein mag, wird ein erheblicher Teil davon dauerhaft sein. Viele persönliche Erlebnisse haben aufgrund von Einschränkungen bei physischen Prozessen ihre Wirkung verloren. Der Fokus liegt mehr auf dem Digitalen, insbesondere auf neuen Konzepten wie z.B. Live-Shopping.
China als Vorreiter im Live-Shopping
In China ist das Live-Shopping heute längst zum Standard beim Online-Einkaufen geworden. In puncto Social Commerce ist China dem Westen um Welten voraus. Asien ist Vorreiter bei der Idee, Social-Media-Kanäle nicht nur zur Inspiration, als auch zum Einkaufen zu nutzen, dies sogar in Echtzeit per Live-Streaming. Das liegt insbesondere an den erfolgreichen Marken und Plattformen wie Taobao Live, Kuaishou und Pinduoduo.
Der chinesische Riese Alibaba hat im Jahr 2016 sein Online-Shopping-Portal Tmall und Taobao um Livestream-Funktionen erweitert. Das Interesse am Live-Shopping über die Taobao-Plattform ist seither stetig gewachsen. Laut Deloitte, der chinesischen Handelskammer und Alibabas AliResearch stiegen die Produktaufrufe auf Taobao Live im Jahr 2019 insgesamt um 309 % auf 35,03 Millionen. Die Anzahl der Livestream-E-Commerce-Sitzungen stieg im Jahr 2020 weiter rapide an.
Live-Shopping fördert Spontan-Käufe
Laut der Umfrage zum Thema Live-Shopping in China gaben mehr als die Hälfte der Befragten an, dass sie im Rahmen eines Online-Streaming-Verkaufs zu günstigeren Preisen einkaufen. Fast 30 % der Befragten haben nach eigenen Angaben einen spontan Kauf während eines Live-Streamings getätigt.
Live-Shopping Landscape
In Nordamerika setzte sich dieser Trend später durch, im Sommer 2020 startete Google seine eigene Plattform, das mobile Shoploop. Die Plattform ermöglicht es Nutzern, durch 90-Sekunden-Videos zu scrollen, um neue Kosmetik- und Modeprodukte zu entdecken. Doch wenn die Plattform für weitere Creators zugänglich gemacht wird und mit der Suche und möglicherweise YouTube, verknüpft wird, könnte sie schnell an Relevanz gewinnen.
Die Pandemie als Innovationstreiber brachte 2020 auch andere interessante und vielversprechende Plattformen und Software-Anbieter auf den Weg. Wie The Lobby, ein videobasierter Marktplatz mit einer Vielzahl von Boutique-Marken. Oder Popshop Live – ein weiteres Start-up aus den USA – das Verkäufern ermöglicht, ihren eigenen Shopping-Kanal auf der Plattform zu erstellen und zu hosten.
Auf der anderen Seite geht es bei Glamhive Software um die Zusammenarbeit mit Stylisten auf der ganzen Welt. Das Unternehmen hat sich bisher auf Gesundheits- und Schönheitsmarken spezialisiert.
Ein weiteres Beispiel aus dem Live-Shopping-Markt ist die in Shanghai ansässige Kosmetikmarke Forest Cabin. Aufgrund der Corona-Krise entschied sich Forest Cabin, seine Filialmitarbeiter im Livestreaming zu schulen, um den Auswirkungen von Filialschließungen entgegenzuwirken. Während der Online-Verkauf zuvor nur etwa 25 % des Umsatzes ausmachte, beträgt er nun 90 %.
Mode- und Kosmetikauswahl mit der Möglichkeit das Gesehene zu kaufen, bieten auch viele verschiedene Marken wie Monki oder JSPenney. Aber auch Tommy Hilfiger und Levi’s mit shoppable Livestreams. Urban Decay und Lancom mit Livescale von Loreal.
Die „Hero“-App verbindet das Shop-Personal mit den Kunden und ermöglicht es den Mitarbeitern, die Kunden während des Echtzeit-Einkaufs gezielt zu unterstützen. Auf diese Weise werden Live-Videogespräche mit Kunden zu Online-Verkäufen.
In diesem Zusammenhang ist auch die App „Go Instore“ zu nennen, die ein ähnliches Angebot bietet. Hier sind Marken wie Samsung und Swarovski vertreten, die über Live Video Mitarbeiter in Geschäften mit Kunden verbinden.
Einen Schritt weiter geht das Unternehmen BuyWith, welches den Nutzern ein gemeinsames Online-Einkaufserlebnis bieten will: Zusammen mit Freunden kann man virtuell durch Online-Shops schlendern und das Erlebnis über einen Screen-Sharing-Mechanismus teilen.
Die Vereinbarung zwischen Shopify und Tiktok ermöglicht es mehr als 1 Million Händlern das jüngere Publikum von TikTok zu erreichen und die Umsätze in dieser Zielgruppe zu steigern.
Mit der Ankündigung von Facebook Shopping wurde gleichzeitig auch der erweiterte Rollout von Facebook Live Shopping bekannt gegeben. Mit Live Shopping können Produkte direkt in die Facebook Live-Übertragung integriert werden – ein Kauf ist also direkt aus dem Live-Stream heraus möglich. Live-Streaming wird im Westen dank Facebook Live immer beliebter.
Der Blick nach Asien und in Richtung USA lässt vermuten, dass das Konzept auch in Deutschland Einzug halten wird und viel Potenzial hat.
Eine Umfrage von YouGov Deutschland und Greven Medien aus dem Jahr 2020 zeigt, dass auch in Deutschland ein großes Potenzial besteht. Facebook gehört nach wie vor zu den beliebtesten Social-Shopping-Plattformen. 16 % Prozent der Deutschen nutzen Facebook zum Einkaufen, gefolgt von WhatsApp und Instagram (je 12 %). Das Google-Videoportal YouTube wird bereits von jedem zehnten Deutschen zum Einkaufen genutzt, während sich Pinterest 3% und Tiktok 2% noch nicht auf dem E-Commerce-Markt etablieren konnten.
Im Bereich des Live-Shoppings gibt es bereits Bewegung. Marken wie Orsay, L’Oréal, flaconi, Douglas und Tchibo haben das Konzept in Deutschland aufgegriffen.
Die Softwarelösung Livebuy ermöglicht Live-Video-Shopping, die in den eigenen D2C Shop integriert werden kann. Livebuy hat bereits zwei prominente Kunden: Tchibo und Douglas. Die dort gezeigten Produkte können direkt im Livestream gekauft werden.
Mehrwert und Herausforderungen für Unternehmen
Ein großer Reiz des Live-Shoppings besteht darin, dass die Zuschauer mit Marken und Influencern in Echtzeit interagieren und nahezu reale Produkterfahrungen machen können. Das Anschauen eines Videos, in dem die genauen Details eines Produkts beschrieben werden oder in Aktion zu sehen sind, scheint nicht nur Zeit zu sparen, sondern bietet auch einen Mehrwert. Auf diese Weise lernt der Nutzer das Produkt besser kennen und potenzielle Kunden können ihre Fragen zum Produkt direkt ansprechen. Außerdem wird dieses Format von vielen als eine etwas authentischere Darstellung eines Produkts wahrgenommen. Live-Shopping bietet mehr Eindrücke als „nur“ ein Bildposting.
Essenziell ist nicht nur die technische Landschaft, sondern die Marken und Verkäufer brauchen eine Programmstrategie, ein Produktkatalogmanagement, eine Chat-Moderation, eine Planung der Aktivitäten vor und nach der Show und natürlich die entsprechenden Auswertungen und Analysen.
Fazit
Der Einfluss von Social Media und Influencer Marketing hat die Art und Weise beeinflusst, wie Produkte aller Art online präsentiert und vermarktet werden.
Live-Shopping oder streamed E-Commerce kann dazu dienen, sowohl eine Marke als auch ein Produkt nahezubringen, und das auf eine weitaus aufschlussreichere Art und Weise, als über einen Bildschirm zu lesen oder zu schauen, während man online einkauft. Der Live-Shopping-Trend betont den sozialen Aspekt – es ist viel mehr als nur das Einrichten einer entsprechenden Shopping-Infrastruktur. Wenn eine Marke in der Lage ist, die Fragen eines Kunden zu beantworten, ihm die greifbaren Vorteile eines Kaufs zu zeigen, steigt die Wahrscheinlichkeit einer Konversion.
Es wird spannend und wie bei vielen anderen Themen auch, werden sich Early Adopters gut positionieren. Nach unseren Erkenntnissen wird Live-Shopping kein flüchtiger Trend sein. Der Durchbruch ist nur eine Frage der Zeit. Daher empfehlen wir frühzeitig das Thema in Angriff zu nehmen und aus der Transaktion eine Interaktion zu schaffen.
Zusammenfassung
Asien ebnete den Weg für die Idee, über Livestream Kunden nicht nur zu inspirieren und zu informieren, sondern auch Einkaufsmöglichkeiten in Echtzeit anzubieten. In Nordamerika setzte sich der Trend später durch, doch die Pandemie als Innovationstreiber brachte interessante und vielversprechende Plattformen und Softwareanbieter auf die Bühne. Auch einige große Marken haben sich bereits an den Live-Streaming-Trend aus China gewagt. Das ist schließlich ein vielversprechender und neuer Direct-to-Consumer-Vertriebskanal.
Ein Blick nach Asien und in die USA lässt vermuten, dass das Konzept auch in Deutschland Einzug halten wird und großes Potenzial birgt. Der Durchbruch ist nur noch eine Frage der Zeit.
Quellen:
- Headerbild: Foto von cottonbro von Pexels
- https://www.digitalconnection.de
- https://www.statista.com
- https://www.usehero.com/
- https://www.fromthelobby.com
- https://popshoplive.com/
- https://www.usehero.com/
- https://www.highsnobiety.com/
- https://onlinemarketing.de/
- Die repräsentative Online-Umfrage wurde von YouGov Deutschland für Greven Medien durchgeführt. November 2020.
Geschrieben von
Guranda Grigolia-Dragic ist E-Commerce Manager bei der Resolution Media in Düsseldorf und berät Kunden rund um E-Commerce Themen.
Guranda Grigolia-Dragic
E-Commerce Manager, Düsseldorf
Anna Kopecky ist Executive E-Commerce bei der Resolution Media in Düsseldorf und berät Kunden rund um E-Commerce Themen.
Anna Kopecky
Executive E-Commerce, Düsseldorf
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